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Die Aldi Heuchelei

Was bin ich doch für ein Heuchler. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich folgende Frage beantwortet habe: „Was hältst Du von den Aldi- oder Lidl-SUP-Boards?“ Und jedes Mal habe ich gesagt: „Schwimmen können die auch und für den Anfang sind sie OK. Aber wenn Du was vernünftiges haben möchtest, solltest Du lieber mehr ausgeben.“

Vor kurzem flatterte mir ein Prospekt mit zahlreichen Camping-Artikeln von Aldi ins Haus. Ein zweiflammiger Campingkocher fiel mir sofort ins Auge. Premium-Campingkocher, Edelstahl, Starkbrenner, Zündsicherung, für Flasche und Kartusche… Worte die Begehrlichkeiten schaffen.

Aktuell habe ich in meinem Bulli, mit dem ich oft zum SUP-Surfen fahre und in dem ich von Zeit zu Zeit auch übernachte, einen Ein-Flammen-Gaskocher. Von Campingaz, für den Innenraum zugelassen und gar nicht mal so günstig. Aber eben nur eine Flamme. Mein vorheriger Zwei-Flammenkocher von Outwell hat nach einigen Jahren den Dienst quittiert.

Premium-Kocher für gerade mal 69 statt 99 Euro von Aldi? Gekauft!

Als ich den Kocher auspacke, stimmt der erste Eindruck. Edelstahl und gelungene Optik. Premium eben. Bei genauerem Hinschauen offenbarten sich jedoch die ersten Mängel.

Ich SUPe seit 12 oder 13 Jahren. In Sachen SUP macht mir niemand etwas vor. Mein neues Projekt BAJAO, ein Zelt für das SUP, hat mir ein paar Preise eingebracht. Unteranderem die Einladung am Globetrotter Innovation Lab teilzunehmen. Ausgesuchte Startups werden in das Programm aufgenommen, es wird die Werbetrommel für sie gerührt und man kann auf den Globetrotter Freiluft-Events gemeinsam mit den Großen der Branche ausstellen. Fünf Freiluft-Testivals später bin ich vom absoluten Outdoor-Beginner zum Outdoor-Profi aufgestiegen. Ich habe mir viel Equipment angeschaut, erklären lassen und getestet. Alles in Hinblick auf die SUP-Touren-Tauglichkeit. Dadurch habe ich viel gelernt, was geht und was gut ist.

Zurück zum Aldi-Kocher

Zurück zum Aldi-Kocher. Mit meinem in den letzten Wochen neu gewonnenen Wissen, sind mir einige Dinge direkt aufgefallen. So befindet sich keine Bodenplatte unter dem Kocher. Die Brenner sind aus dünnem Blech gepresst und wirken billig. Trotz der Ankündigung auf Homepage und Prospekt lässt sich keine Kartusche anschließen, sondern nur eine Gasflasche.

Egal, erstmal ausprobieren. Trifft sich gut, dass ich drei Tage unterwegs sein werde und im Bulli übernachte.

Losgefahren, angekommen, aufgebaut und angeschlossen. Nun soll er mal zeigen was er kann, der Aldi-Kocher von Hersteller Enders.

Unterschiedliche Auffassungen von Premium

Jetzt erst fällt mir auf, dass der Kocher keinen Piezozünder hat, also eine elektronische Zündung. Muss halt das Feuerzeug herhalten, aber ich schon genervt. Scheinbar haben Aldi und ich einen unterschiedliche Auffassung von „Premium“. Die ganzen Anschlüsse für den Gasschlauch wirken sehr billig, aber sie halten und sind dicht. Der Druckminderer, der zwischen Gasflasche und Schlauch angeschlossen wird, ist ebenfalls billig und darf in Innenräumen nicht betrieben werden. So steht es in der mitgelieferten Gebrauchsanweisung.

Was für einen Sinn macht es einen Gaskocher mit einer Zündsicherung zu bauen, die man für den Innenraum braucht, wenn der Druckminderer nicht dazu passt?

Die Gaszufuhr und damit die Größe der Flamme lässt sich kaum justieren. Es gibt große Flamme und kleine Flamme. Dazwischen fast nichts. Die große Edelstahlklappe lässt sich nicht in Position fixieren und kippt schnell nach vorne runter. Dadurch kann einem der auf dem Kocher befindliche Topf mitsamt Inhalt entgegen kippen. Vor Verbrühungen muss man allerdings keine Angst haben, da der Kocher zu allem Überfluss zum Erhitzen unglaublich lange braucht.

Genug, ich bin genervt. Ich komme mit vielem klar, aber zu lange auf meinen morgendlichen Blaek-Kaffee warten zu müssen? Ne, Herr Aldi, so kommen wir nicht zusammen.

Marketing-Sprech belügt Anfänger

Ich hätte es wissen müssen und ärgere mich über meine Naivität. Klar, der Kocher brennt und erhitzt, er hat zwei Flammen und hat auch Teile aus Edelstahl. Aber er ist einfach, sorry für drastische Worte, scheiße! Ich verstehe mittlerweile die SUP-Anfänger, die sich auf den Marketing-Sprech von Aldi & Co verlassen. Premium, hochwertig, reduziert, pffft… An dem Kocher ist gar nichts Premium, genauso wenig wie an den ganzen Billig-SUPs. Und dennoch kaufen wir den Mist. Ich hatte den Vergleich mit guten Produkten, zum Beispiel von Primus – die wissen was sie tun. Wäre dies mein erster Gaskocher, würde ich wohlmöglich denken: “Naja, unpraktisch und irgendwie auch nicht ganz sicher, aber er brennt – muss wohl so sein…” Ich hätte keinen Vergleich mit gutem Zeugs und würde eventuell den Schrott sogar Anderen empfehlen. „Warum 200 Euro ausgeben? Kauf dir den Kocher von Aldi, der brennt auch…“

Offene Worte an den Discounter

Lieber Discount, liebe Billig-Hersteller,

der Welt würde es besser gehen, wenn ihr nicht aus purer Profitgier versuchen würdet, jede Welle mitsurfen zu wollen, auf billigste zu produzieren, ohne Qualitätsansprüche! Überlasst statt dessen den Fachleuten die Arbeit. Klar, ich würde evtl. etwas auf den nächsten Gaskocher sparen müssen. Aber ich hätte was vernünftiges. Etwas das hält und gut gearbeitet ist. Nun kriegt ihr den Mist wieder zurück, retourniert es an den Hersteller und verursacht Arbeit, Kosten und CO2. Alles einkalkuliert in euren Premium-Kocher zum Super-Sparpreis.

Ich hole mir jetzt einen Primus-Gaskocher, den ich lange und intensiv nutzen kann und werde. Wenn mich der Nächste zu meiner Meinung über Aldi- oder Lidl-Boards fragt, werde ich sagen: „Schwimmen tun die auch. Aber lass mich Dir die Geschichte von meinem Aldi-Gaskocher erzählen…“

Beitragsbilder © Aldi Onlineshop

3 thoughts on “Die Aldi Heuchelei

  1. Danke für die Info und das eindeutige Feedback zu dem Gaskocher.

  2. Hallo Christoph, danke für deinen Artikel. LG Ines und Jürgen

  3. Daß bei Discountern die Qualität der Nonfood-Artikel eine große Bandbreite aufweist ist ja keine neue Erkenntnis.
    Wenn aber auf einem augenscheinlich qualitativ unterdurchschnittlichem Artikel – wie oben geschildert – ein Markenname prangt, rätselt man schon, wie das zustande kam.

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